Liquid Storytelling
Mit wachsender Komplexität und der massiven Zunahme von Informationen wird es immer schwieriger für Unternehmen und Organisationen sich mit ihren Botschaften auch tatsächlich durchzusetzen. Nur wenige schaffen es durch den Infowald der Gegenwart und dabei gleichzeitig einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen.
Sinndispositionen
Unternehmen und Organisationen treten schließlich nicht nur durch Produkte und Dienstleistungen in Erscheinung, sondern auch in Form des sozialen Sinns. Diesen Sinn weisen sie sich im Zuge der Selbstbeobachtung ihrer Operationen zu. Ohne Akzeptanz der eigenen Sinndispositionen durch die Umwelt verliert das Unternehmen gesellschaftliches Vertrauen und damit den für erfolgreiches Wirtschaften nötigen Handlungsspielraum.
Vertrauen
Vertrauen ist zudem eine weitere Möglichkeit der Komplexitätsreduktion. Die Qualität des entgegengebrachten sozialen Vertrauens kommt in Wahrnehmungskonstruktionen wie Reputation, Image und Marke zum Ausdruck. Bietet eine Marke Vertrauen, muss der Kunde nicht alle Handlungen eines Unternehmens ständig nachverfolgen und prüfen.
Grundlage allen Vertrauens ist die Darstellung des eigenen Selbst als einer sozialen, sich in Interaktion aufbauenden, mit der Umwelt korrespondierenden Identität. Ohne Identität ist kein Sozialkapital in Form von Vertrauen zu gewinnen.
Die Macht der Story
Die „Narrative Psychologie“ geht davon aus, dass die menschliche Wahrnehmung grundsätzlich narrativ arbeitet. Storys sind daher geeignet, Unternehmensidentiät zu konstruieren, zu repräsentieren und mit Blick auf die internen und externen Umwelten zu kommunizieren. So haben einige Unternehmen das Corporate Storytelling als eine Form des narrativen Aufmerksamkeitsmanagements entdeckt.
Wenn beispielsweise die Lebensgeschichte des Unternehmens ausschlaggebend für die personale Identität ist, können Erzählungen und Episoden aus dieser Lebensgeschichte durchaus zu geeigneten Selbstbeschreibungen der Identität werden (Corporate Stories oder Company Stories).
Storytelling stellt eine besondere Art der Selbstbeobachtung dar. Die Vergangenheit des Unternehmens wird durch das Erschaffen von Story vereinfacht und auf zentrale Entscheidungen reduziert.
Die Meister des Corporate Storytellling
Das Entwickeln von Corporate Storytelling hat insbesondere Coca Cola zur Kunstform erhoben. Die Idee hinter dem sogenannten „Liquid Storytelling“ war, dass Inhalte ansteckend sein sollten und dabei so stark, dass sie nicht mehr aufgehalten werden können (liquid content).
Das Ziel sollte sein, dass durch Storytelling noch mehr Gespräche ausgelöst und damit überproportional viel Inhalte miteinander verbunden werden sollten (linked content) und damit eine einmal gesetzte Brand Storys ansteckend sein sollte, indem sie weiter erzählt wird, und weiter und weiter …. Coca Cola Journey.
Einige einfache Regeln für das Corporate Storytelling lauten:
Die Marke ist der Brand, daher frage dich:
Was sind Markenattribute? (Über welche Eigenschaften verfügt sie?)
Was ist der Markennutzen? (Was bietet die Marke dem Kunden?)
Was ist die Markentonalität? (Wofür steht die Marke?)
Welche Wirkung hat die Marke auf den Kunden?
Entwickle Storys mit emotionalen Inhalten.
Geschichten haben Helden mit (unerfüllten) Begierden.
Selektiere Informationen: Stelle diese in Form von Ereignissen dar.
Definiere Ort und Zeit.
Achte auf die Kausalitäten der Story. Was folgt, und weshalb?
Keep it simple.
Die Ereignisse der Handlung bilden das Deutungs-Muster: Wenn wir die Wahrnehmung der Welt als Konstruktion begreifen, haben wir im Wettbewerb auf den Meinungsmärkten einen entscheidenden Vorteil: Wir selbst definieren durch die Erzählung die Sinndisposition.
Ist die Konstruktion der Story gelungen, wird die Botschaft sichtbar. Erschließt sich für Zuhörer und Leser von selbst. Muss eben gar nicht erst ausgesprochen werden – sondern schimmert wie in Zauberschrift geschrieben vom Leser in den eigenen Gedanken auf, denn er selbst hat die Botschaft entschlüsselt. Und damit bleibt ihm dieses Deutungsangebot in Erinnerung. Eine solche Botschaft wird weiter erzählt werden und hat damit Bedeutung.
Lektüre für diesen Beitrag :
Florian Krüger, Corporate Storytelling. Theorie und Empirie narrativer Public Relations in der Unternehmenskommunikation. Wiesbaden 2015.
©UBIFACTS/2017, Abb. E. Hödl