Kreativität und Metamorphose
Um eine Idee zu verfolgen, um sie lebendig werden zu lassen, braucht es den Weg zur entwickelten Form. Die Filterung von Ideen macht einen Teil der Umsetzung von Ideen aus. Filtern kann heißen, dass Ideen verändert, variiert und neu gedacht werden. Es kann bedeuten, dass etwas verbunden wird, das bisher nicht zusammengehörte. Da sehen wir Innovationspfade, die zu einer einzigartigen Lern- und Veränderungschance werden.
Metamorphosen
Die Metamorphose ist eine erfolgreiche Strategie der Natur, in der Insekten mehrere Entwicklungsformen einnehmen.
Larven
Larven führen meist ein verstecktes Leben und fressen, so dass sich ihr Körpervolumen rasch vergrößert. So geht es den Kreativen, wenn sie Ideen sammeln und Inspiration suchen. Es ist der Umgang mit unbekanntem Wissen, der Umgang mit einem Problem, das nun aus einer neuen Perspektive betrachtet wird.
Nymphen
Jede Künstlerin benötigt für die Entwicklung ihrer Ideen eine Zeit der Ruhe und der Kontemplation, eine Zeit die gleichsam Zweifel einschließt und mit diesen in Dialog tritt. Dies sehen wir im Stadium der Nymphe. Im Inneren ist es die Suche nach Austausch und Überprüfung. Wenn Teams in Abgeschlossenheit ihren Stoff vertiefen in einem Prozess des Zusammenwirkens, des Auswertens von Daten, des Hinterfragens, des Messens und Prüfens, des Verknüpfens und Interpretierens. So bleibt dieser Prozess an diesem Punkt mit den Worten Humboldts gesprochen, als „etwas noch nicht ganz Gefundenes und nie ganz Aufzufindendes“. Denn nun entsteht aus dem Bild etwas Gereiftes, das aber noch nicht ganz greifbar ist.
Imagines
Die Imago ist das Bildnis der Reife. Das flugfähige Insekt ist das Erwachsen-Sein. Es ist das Erwachen, die Form des Adultus. Da hat die Idee ihre Form gefunden. Sie erreicht das Stadium des ausgereiften, für die Umwelten tauglichen und vor allem überlebensfähigen Projektes, Produktes, Prozesses. Etwas, das sich in der vernetzten Welt mit anderen verbinden kann. Etwas das besteht, das sich als fruchtbar erweist.
Strategien
Die Metamorphose wird oftmals als Metapher für Wandel genutzt. Was sich für den Raum der Ideen-Generierung und Umsetzung lernen lässt, sind die Phasen der Reifung und dafür benötigten Räume. Raupen ernähren sich von nährstoffreichen Blättern, sammeln Energiereserven für ihre Metamorphose. Das fliegende Insekt – etwa der Schmetterling – braucht Nektar. Junge und ausgewachsenen Insekten fressen also Unterschiedliches. Auf diese Weise werden die Räume konkurrenzfrei, denn die einzelnen Entwicklungsstadien haben unterschiedliche Bedürfnisse.
So ist das auch für uns als Kreative. Gleichzeitig erfindet sich das Wesen selbst immer neu und erlangt damit auch neue Fähigkeiten. Was die Maden erkunden konnten, ist dem Fluginsekt fremd – was das fliegende Insekt sehen kann, war der Traum der Larve.