EuGH zur Vorratsdatenspeicherung
Mit dem Urteil vom 8.4.2014 in der verbundenen Rechtssache C-293/12 und C-594/12 erklärt der Gerichtshof die RL über die Vorratsdatenspeicherung für ungültig. Es handle sich um Eingriffe von großem Ausmaß und besonderer Schwere in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf den Schutz personenbezogener Daten, der sich nicht auf das absolut Notwendige beschränke.
Mit der Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, sind die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft verpflichtet, Verkehrs- und Standortdaten zu speichern. Dabei soll sichergestellt werden, dass die Daten zum Zweck der Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von schweren Straftaten (die Definition dafür findet sich in den nationalen Bestimmungen der Mitgliedstaaten) zur Verfügung stehen (Art 1 RL 2006/24/EG). Nicht gespeichert werden darf der Inhalt der elektronischen Nachrichtenübermittlung.
Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich
Österreich hatte seine Zweifel an der Vorratsdatenspeicherung angemeldet und die Richtlinie zunächst nicht umgesetzt. Der EuGH verurteilte Österreich dafür in einem Vertragsverletzungsverfahren (EuGH 11.09.2010, C-189/09).
Mit Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG-Novelle 2011; BGBl I 27/2011) kam Österreich dieser Verpflichtung nach und setzte die Richtlinie schließlich doch um. (Vgl auch Vorabentscheidungsersuchen des VfGH vom 19.12.2012, Rs C-594/12; Schlussanträge des Generalanwaltes vom 12.12.2013 in den verbundenen Rs C-293/12, C-594/12 sowie das Rechtsgutachten des Generalanwalts Pedro Cruz Villalón zur Vorratsdatenspeicherung.)
Urteil des EuGH vom 8.4.2014
Mit dem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung vertrat der EuGH die Position, dass die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in der augenblicklichen Form mit dem Grundrecht auf Privatsphäre und dem Schutz personenbezogener Daten unvereinbar sei. Aus der Gesamtheit der Daten die gespeichert würden, ließen sich sehr genaue Schlüsse auf das Privatleben einer erfassten Person ziehen. So seien etwa Ortsveränderungen und soziale Beziehungen klar erkennbar. Tatsächlich muss man den Inhalt eines Gesprächs nicht unbedingt kennen, um Schlüsse aus den Verkehrs- und Verbindungsdaten ziehen zu können. Zudem seien auch die Auskunftsrechte nicht geregelt, so der EuGH.
Da bislang nur EU-Rechtsakte an der Charta der Grundreche gemessen werden können, bedeutet das Urteil nicht automatisch, dass die bestehenden Gesetze in den einzelnen Ländern gegen EU-Recht verstoßen. Die Richter in Luxemburg haben damit die Vorratsdatenspeicherung nicht als solche verboten, der EuGH hat aber sehr enge Grenzen dafür vorgeschrieben. In jenen Ländern der Europäischen Union, die die Vorratsdatenspeicherung aufgrund der Richtlinie eingeführt haben, sind die Verantwortlichen nun berufen, die Umsetzungsbestimmungen zu prüfen. In Österreich sollen die derzeitigen Regelungen bis zur endgültigen Entscheidung des VfGH in Kraft bleiben.
Fazit
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zur Vorratsdatenspeicherung kann als wichtiger Schritt bezeichnet werden, Grundrechtsverletzungen durch die Massenspeicherung personenbezogener Daten zu verhindern. Damit hat der EuGH eine klare Positionierung vorgenommen und das Grundrecht auf Privatsphäre verteidigt.
Daten bestimmen das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben des 21. Jahrhunderts. Daten dürfen nicht auf Vorrat gespeichert werden, wenn sie der Überwachung ohne Verdacht dienen und schwere Grundrechtseingriffe darstellen. Sie sollen der Allgemeinheit aber dann zur Verfügung stehen, wenn sie für Transparenz und Offenheit bestimmter Prozesse stehen.
Abb.: Ubifacts/gemeinfrei
© UBIFACTS/2014