Digitale Palimpseste
Manche Menschen sagen: „Jetzt sind die Maschinen kreativer als wir!“
Tatsächlich sind die Schöpfungen der Maschinen nur immer so gut, wie unser Umgang mit den Technologien.
Wir leben heute in Systemen, in denen technische und soziale Infrastruktur miteinander in Verbindung stehen. Die KI-Systeme werden zunehmend leistungsstärker und so wird es für uns unumgänglich, kreative Fähigkeiten zu entwickeln.
Die Kunst aber lehrt uns kreativ zu denken.
Denn Kreativität ist etwas, das wir als Kinder hatten und vielleicht verlernt haben.
Hier geht es um viel:
- Etwa um die Frage, wie man Inspiration findet.
- Ist man inspiriert, gilt es einer Idee zu folgen oder sie sogar zu verfolgen.
- Und schließlich geht es um die Umsetzung dieser Ideen.
Für mich ist einer der spannendsten Aspekte der Kreativität die Frage, wer oder was, wen oder was überschreibt. Das möchte ich am Beispiel der Palimpseste zeigen.
Ursprünglich bezog sich der Begriff „Palimpsest“ auf ein Manuskript, bei dem ältere Schriften abgekratzt und durch neue ersetzt wurden, während die Spuren der alten sichtbar blieben. Bekannt ist das berühmte Archimedes-Palimpsest aus dem 10. und 13. Jahrhundert.
Doch wenn wir darauf achten, sehen wir Überschreibungen allerorts. Etwa im Straßenbild.
Da wird der Briefkasten zum Palimpsest-Träger. Überschrieben mit Stickern und Botschaften, wird das Objekt selbst zum Boten der Vergangenheit.
Oder Plakatwände. Wie diese hier in Wien Neubau. Die Überschreibung wird sichtbar, weil ein Fenster zum Geheimnis früherer Ankündigungen wird.
Und so habe ich das Gestalten von Palimpsesten zu einer Übung der Inspiration gemacht.
Immer und immer wieder überschreibe oder überklebe ich das vorhandene Material bis eigene Landkarten für Interpretationen und Deutungen entstehen, die mich in neue Gedankenwelten führen.
So kam ich auf die Idee, dass auch unsere Regulierungssysteme Palimpseste sind.