Die Zukunft des Datenschutzes
Im Ubiquitous Computing wird Datenverarbeitung mittels IKT-Infrastruktur allgegenwärtig. Computer werden in sämtliche Alltagsgegenstände integriert sein – das Internet der Dinge entsteht – und damit gelangt die Datenverarbeitung über die Dinge des täglichen Lebens in die körperliche Welt.
Für die Konzeption vieler Datenschutzgesetze ergibt sich daraus:
(1) Die bisherigen Instrumente der Transparenz stoßen an ihre Grenzen, weil im Ubiquitous Computing die Technik unmerklich, unsichtbar und hinter den Oberflächen agiert. Computer unterstützen den Menschen in seinen täglichen Handlungen und so wären es tausendfache und in den alltäglichen Verrichtungen immerwährende Anzeigen, Unterrichtungen und Hinweise, die man zur Kenntnis nehmen müsste.
(2) Bei vielen Datenanwendungen wird zunehmend unklar, ob die Datenanwendungen auf personenbezogene Daten bezogen sind. Der Personenbezug entsteht oftmals erst im nachhinein, durch weitere Verknüpfungen von Merkmalen. Damit wird die Unterrichtung der Betroffenen schwieriger. Für jeden dieser Akte eine Einwilligung zu fordern, würde die Nutzer überfordern.
(3) Problematisch wird in der Praxis auch das Instrument der Zustimmung. Das Institut der Einwilligung wird immer öfter in generalisierter Form Anwendung finden. „Bei vorher bekannten Dienstleistungen werden die Betroffenen in Rahmenverträgen mit allgemeinen Zweckbestimmungen ihre Einwilligung erteilen. Damit wird die Steuerungskraft der Einwilligung für die Zulässigkeit der Datenverarbeitung noch weiter sinken. Für spontane Kommunikationen wird die Einwilligung ihre Bedeutung ganz verlieren“. (Roßnagel)
(4) Auch im Zusammenhang mit der Zweckbindung werden sich vermehrt Probleme ergeben. Je vielfältiger und umfassender Computerisierung wird, desto schwieriger wird es, die Zweckbindung festzulegen und zu begrenzen. Zweck und funktionale Zuordnung werden nicht mehr unmittelbar miteinander in Zusammenhang gebracht werden können. Etwa im Fall der Ad-hoc Kommunikation. Jeder kann ein mobiles Ad-hoc-Netz benutzen. Aus sozialer Sicht können Zwecke aber beliebig sein. Jede kann daher – aus technischer Sicht – zeitweise und abwechselnd als Sender, Mittler und Empfänge wirken.
Verschmelzen noch mehr Lebensbereiche und verschmelzen noch mehr Systeme, wechselt der Zweck in einem dynamischen Prozess. Die Abschottung von Daten, die sich an einem begrenzten Zweck orientieren soll, sowie der darauf aufbauende Zugriffschutz werden immer schwieriger zu realisieren sein. Die Systeme werden zunehmend selbstlernend sein. Der „smarte“ Kühlschrank muss die Gewohnheiten seiner Nutzer kennen, um den Strombedarf optimieren zu können. Damit die Systeme also kontextsensitiv und selbstlernend sein können, müssen sie aus den Datenspuren, die der Nutzer hinterlässt, dessen Präferenzen erkennen können
(5) Damit im Zusammenhang steht die Untergrabung des Grundsatzes der Datensparsamkeit.
(6) Mitwirkungs- und Korrekturrechte werden zunehmend schwieriger zu realisieren sein.
(7) Technisch hochgradig vernetzte Systeme führen zu einer Zunahme der Zersplitterung von Verantwortlichkeiten. Die Bestimmung von Auftraggebern, Betroffenen und Dienstleistern wird immer schwieriger werden. Oft wissen die verantwortlichen Stellen gar nicht, welche Daten sie verarbeiten.
Der Gegensatz zwischen Realität und virtueller Welt wird damit nicht nur überbrückt oder überwunden, er wird faktisch aufgehoben. Roßnagel nennt dies die neue und „dritte Stufe“ der Datenverarbeitung. Im Ubiquitous Computing erfasst Datenverarbeitung potenziell alle Lebensbereiche.
(Roßnagel, Datenschutz im 21. Jahrhundert, in: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Aus Politik und Zeitgeschichte, 5/6, Bonn 2006, 9-15.)
Abb:.Wikipedia/gemeinfrei
@UBIFACTS/2013